“Diskussion ist wichtig”

Der deutsche Klassik-Papst Joachim Kaiser wird mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Mit Axel Brüggemann hat er sich über die Klassik in der Gegenwart unterhalten - für den Rheinischen Merkur. Hier ein Auszug:

RM: Noch einmal: Ist die Musikkritik nicht mehr als die Kritik über Musik?

Kaiser: Sie haben doch selbst eine Debatte über den „deutschen Klang“ angezettelt, als Sie den Ton der Berliner Philharmoniker kritisiert haben – plötzlich wurde über eine Ästhetik, über die Tradition und die Zukunft debattiert.

RM: Es war, als hätte man ein deutsches Heiligtum angegriffen …

Kaiser: Natürlich! Denn die Berliner Philharmoniker sind für jeden deutschen Musikfreund nach wie vor ein Heiligtum. Sie haben ja nur wenige Dirigenten gehabt, die den Klang geprägt haben: Hans von Bülow, Arthur Nikisch, Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan. Sie alle haben besonders den Klang der Bassgruppe geformt, das Spielen aus der Tiefe, das Romantische bei Beethoven und Brahms. Als Simon Rattle statt Daniel Barenboim dieses Orchester übernommen hat, war ich ebenfalls skeptisch. Er ist sicherlich ein charismatischer Künstler, hatte seine Interessen aber eher bei Gershwin oder Haydn. Da hatte ich auch meine Zweifel. Sie haben das auf die Formel des „deutschen Klanges“ gebracht, und wir haben eine Diskussion geführt, die wichtig für das Selbstverständnis dieses Orchesters ist (das genze Gespräch gibt’s hier).